in Interviews

Interview im t3n

Für das Technologie-Magazin t3n hat Jan Thomas Otte (bei t3) ein Interview mit mir geführt und darauf diesen Artikel geschrieben.

interview t3n

Mit dem Startup „Inselhüpfen“ verkaufte Peter Eich vor 15 Jahren seine erste Radreise. Zwei Jahre später machte der damalige Reiseveranstalter, mit dem er eng zusammen arbeitete, pleite. Peter stand vor einer folgenschweren Entscheidung: Trübsal blasen oder die direkte Konkurrenz gründen? Rund dreißig Jahre alt, entschied er sich für letzteres und gründete daraufhin „Radweg-Reisen“. Die Zwei-Mann-Firma am Bodensee wuchs schnell, sehr schnell bis zum Marktführer in Deutschland.

Peter ist Seriengründer. Und als solcher gründet er viel, liebt Innovationen und schaut meist über den Tellerrand hinaus. Disruptives Aufbauen nennt er das, seine liebste Disziplin: „Neues schaffen, erkannte Lücken füllen“. Kontinuierliches Management dagegen, mit starren Arbeitszeiten und routinierten Abläufen, langweile ihn. So verkaufte Peter vor ein paar Jahren seine Anteile am „Inselhüpfen“, gab wenig später auch seinen Geschäftsführer-Posten bei Radweg-Reisen ab.

Neue Regeln schaffen Innovation

Der erste Schritt für einen Gründer, der bereits über das nächste Startup nachdenkt: Sich aus dem operativen Geschäft zurückziehen. Kürzlich folgte Peters zweiter Schritt: Der „Exit“, wie es in der Startup-Sprache heißt, sei nie sein eigentliches Ziel gewesen. Aber: „Irgendwann muss ich mein Baby fliegen lassen“. Eine bestehende Firma managen, die bereits Marktführer ist, und pro Jahr vielleicht um weitere zehn bis zwanzig Prozent wächst war für Peter auf Dauer „keine fühlbare Herausforderung“.

Peter Eich ist Seriengründer verschiedener Startups im Netz.

Gründer seien meist spezielle Typen und hätten gewisse Charaktereigenschaften gemein. So schaffe ein Gründer lieber Regeln als selbst welche auf Dauer zu befolgen, findet Peter. Daher habe er sich auch nie eine klassische Konzern-Karriere vorstellen können. „Wer gut und gerne gründet, der kann in einem Konzern nicht überleben“.

Fast alle Gründer in seinem Umfeld seien Studienabbrecher – wie er, der kurz vor dem Examen sein anstehendes Mathe-Diplom an den Nagel hängte. Diese Gründer-Generation (und die Studienabbrecher unter ihnen) wird man im Zeitalter strukturierter Bachelor- und Masterstudiengänge sicher etwas länger suchen müssen.

Kein Dienst nach Vorschrift

Doch ein Gründer, so Peter, würde kaum jemals ein „How-To“-Buch lesen und die darin empfohlenen Dinge Schritt für Schritt befolgen. Das würden Piloten, Buchhalter und Chirurgen machen – und eben auch Manager. Speziell diesen Berufsgruppen rät er vom Gründen ab: „Wer so tickt, der taugt kaum dafür Vorhandenes umzudeuten und Neues zu schaffen“.

Peter machte ich der Branche zunächst mit unbekannter Marke auf sich aufmerksam, lockte mit seinem Erfolg Wettbewerber an, die Kaufinteresse zeigten. In der Betriebswirtschaft von Firmenzusammenschlüssen und Aufkäufen, kurz „M&A“, ist dieser Vorgang nichts Ungewöhnliches.

Das zeigen einige populäre Fälle im Online-Business: So kaufte der Gutschein-Anbieter Groupon 2010 den deutschen Klon „Citydeal“ für 120 Millionen US-Dollar. Google blätterte für den Groupon-Konkurrenten „Dailydeal“ ein Jahr später ebenfalls eine neunstellige Summe auf den Tisch.
Verkauft! Der Schritt zum Verkaufen des eigenen „Baby“ gelingt meist nur Seriengründern © DOC RABE Media – Fotolia.com
Gründern, die keine mehrjährige Erfahrung im Gründen wie Verkaufen haben, fällt dieses Loslassen deutlich schwerer als so genannten Seriengründern wie Peter Eich, was eine aktuelle Studie der London School of Economics bestätigt. Dass junge Firmen an die Börse gehen und dort weiteres Kapital einsammeln bleibt eher die Ausnahme – der Verkauf ist wahrscheinlicher.

Mehr Aufkäufe, weniger Gründungen

Peters Vermögen wächst durch seine Verkäufe nicht wirklich, es bleibt zum größten Teil Papier. Aus seinen Firmenbeteiligungen wird Bargeld, das er dann wiederum investiert. Seine privaten Ausgaben hätten sich in der Zwischenzeit kaum geändert.

Auf seinem Konto bleibt das Geld natürlich auch nicht auf Dauer liegen. Peters Anlagestrategie: „Ein kleiner Teil fließt in Immobilien, Aktien und Rohstoffe, und einen großen anderen Teil halte ich für Beteiligungen und neue Projekte bereit“. Seine Regel gilt beim Gründen wie Verkaufen: Gestalten statt nur Verwalten.

Die Gelegenheit zu seinem jüngsten Verkauf, dessen Preis er nicht verraten will, beschreibt Peter als fantastisch: „Hier kauft der Zweite im Markt den Ersten. Da wird nicht für Rendite bezahlt, sondern auch für Marktmacht“. Bei Investoren sorgen solche Nachrichten noch immer für eine Art Goldgräberstimmung.

Das Geschäft mit dem Aufkaufen von Startups boomt. Mehr als 5.000 Beteiligungsgesellschaften hätten sich allein im letzten Jahr mit 5,84 Milliarden Euro an 1.200 deutschen Unternehmen beteiligt – so Zahlen des Bundesverbands deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften. Weltweit hätten die so genannten Private-Equity-Gesellschaften momentan etwa 600 Milliarden Euro für Investitionen zur Verfügung.

Die Kaufangebote auf dem freien Markt werden aber übersichtlicher – und damit teurer. In Deutschland wurde schon lange nicht mehr so wenig gegründet wie im vergangenen Jahr: Nur 775.000 Personen hätten ein Startup auf die Beine gestellt, so der KfW-Gründungsmonitor 2013. Immer mehr Gründer würden das finanzielle Risiko scheuen, die Work-Life-Balance mit mehr Zeit für das Privatleben bei gleichzeitig regelmäßigem Einkommen dagegen zunehmend schätzen.

Erst Hobby zum Beruf, dann umgekehrt

Bei Peter wurde aus seinem liebsten Hobby, dem Radeln, ein Job mit dem er einige hunderttausend Kunden bedient hat. Nun wurde aus dem Job wiederum sein Hobby. Momentan radelt Peter durch die Wüste Namibias. Wenn er zurückkehrt, will er sich wieder dem „weitaus größeren Reiz des Neuen“ hingeben – nicht nur in eigener Sache. Der Seriengründer will künftig andere Startups als Berater und Investor unterstützen.

Anfang 40, mit acht Unternehmensgründungen im Gepäck, hat Peter vielleicht mehr Erfahrung gesammelt, als viele ältere Leute um ihn herum. Er fühle sich mit seinem neuesten Firmenverkauf jünger als je zuvor. Eine Ausbildung zum NLP-Coach habe seine Lust geweckt, sich vor allem um Personen um ihn herum zu kümmern, weniger um seine Dinge und Projekte. In der Hauptsache aber bleibe er vor allem eins: Gründer.